Die stark auf die Interessen von Mietern fokussierte Wohnungspolitik des Berliner Senats steht im Widerspruch zum Leitbild der Landesverfassung. Zu diesem Ergebnis kommt ein Rechtsgutachten von Prof. Dr. jur. Steffen Hindelang von der Freien Universität Berlin im Auftrag des Vereins zur Förderung von Wohneigentum in Berlin (Quelle: www.verein-wohneigentum.de). Hindelang hat Art. 28 Abs. 1 der Verfassung von Berlin (VvB) untersucht, in dem es heißt: „Jeder Mensch hat das Recht auf angemessenen Wohnraum. Das Land fördert die Schaffung und Erhaltung von angemessenem Wohnraum, insbesondere für Menschen mit geringem Einkommen, sowie die Bildung von Wohnungseigentum.“
Die ausdrückliche Erwähnung des Wohnungseigentums ist eine Besonderheit der Berliner Landesverfassung. Dem Gutachten zufolge steht die Förderung von Wohneigentum in Berlin gleichberechtigt neben der Förderung von bezahlbarem Wohnraum. „Wohnraumförderung unter Außerachtlassung der Wohnungseigentumsförderung ist aus Sicht des Berliner Verfassungsgebers unterkomplex“, heißt es daher in dem Gutachten. Für den Gesetzgeber bedeute das, dass er die Förderung von Wohneigentum in seine wohnungspolitischen Richtungsentscheidungen aufnehmen müsse. Gutachter Hindelang kommt mit Blick auf die Politik des Berliner Senats zu dem Ergebnis, dass die Landesregierung heute zwar nicht gegen die Verfassung verstoße. „Aber Senat und Abgeordnetenhaus bewegen sich nicht mehr im Leitbild der Verfassung.“ Der Verein zur Förderung von Wohneigentum, der das Gutachten in Auftrag gegeben hat, vertritt die Auffassung, dass der rot-rot-grüne Berliner Senat die eigene Verfassung missachtet. Bei der Vorstellung des Gutachtens nannte der Vereinsvorsitzende Jacopo Mingazzini mehrere politische Maßnahmen und Richtungsentscheidungen der vergangenen Jahre, durch die die Berliner Politik die Bildung von Wohneigentum nicht nur nicht gefördert, sondern sogar verhindert hat. So sorgten die Umwandlungsverbotsverordnung und die zunehmende Ausweisung von Milieuschutzgebieten für eine immer stärkere Verknappung des Angebots im preisgünstigeren Bestandsbereich. Für private Haushalte ist es dadurch kaum möglich, günstigen Wohnraum zu erwerben. Hinzu kommt der Berliner Grunderwerbsteuersatz, der in den vergangenen zehn Jahren mehrfach angehoben wurde, mittlerweile bei sechs Prozent liegt und die Kaufnebenkosten für private Käufer signifikant erhöht.
Auch der Tagesspiegel kommt in einem längeren Artikel über das Gutachten von Professor Hindelang zu dem Schluss, dass sich in Berlin kaum Beispiele für Eigentumsförderung finden (Quelle: www.tagesspiegel.de). Eine Anfrage an die Investitionsbank Berlin IBB hat demnach ergeben, dass im Jahr 2016 in der Millionenstadt Berlin lediglich 64 Förderverträge für den Bau und die Sanierung beziehungsweise Modernisierung von Eigenheimen abgeschlossen wurden.Angesichts solcher geringen Förderzahlen fordert der Verein zur Förderung von Wohneigentum, dass die Landesregierung ihre Politik auf die Belange von potenziellen Wohnungskäufern ausweiten soll. Und auch Gutachter Hindelang zieht gegenüber dem Tagesspiegel das Fazit: „Es geht nicht, dass das Land die Förderung von Wohnungseigentum auf den St. Nimmerleinstag vertagt.“