Es ist unumstritten, dass Deutschland Aufholbedarf beim Thema Bauen hat, bei den Baugenehmigungen ist es jedoch auf einem guten Weg, wie neueste Zahlen bestätigen: 2020 sind trotz der Coronakrise so viele neue Wohnungen genehmigt worden wie selten – nur 2016 lag der Wert nach der Jahrtausendwende höher. Verglichen mit dem Vorjahr stieg die Zahl der Genehmigungen 2020 um 2,2 Prozent auf 368.400, wie das Statistische Bundesamt bekannt gab – und das trotz eines Dämpfers von 11 Prozent im vergangenen Dezember. Das Plus berechnet sich aus der Summe der Bewilligungen für den Bau neuer Gebäude und den Baumaßnahmen an Bestandsgebäuden. 2016 lag die Zahl genehmigter Wohnungen bei 375.400. (Quelle: www.handelsblatt.com).
Rund 320.200 neue Wohnungen wurden 2020 in neu zu errichtenden Wohngebäuden genehmigt, das sind 2,9 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Vor allem bei den Zweifamilienhäusern kletterten die Bewilligungen mit einem Anstieg um rund einem Fünftel drastisch in die Höhe. Bei Einfamilienhäusern lag das Plus der Baugenehmigungen bei 2,4 Prozent, bei Mehrfamilienhäusern waren es 0,4 Prozent mehr als im Vorjahr.
„Der Trend stimmt, aber die Dynamik flacht zu sehr ab“, sagt Axel Gedaschko, Präsident des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, zu den neuen Zahlen. Schließlich habe der Zuwachs bei den Baugenehmigungen 2019 noch rund vier Prozent betragen. „Um das bezahlbare Wohnen in Deutschland wirklich voranzubringen, ist ein stärkerer und dauerhafter Schub bei den Baugenehmigungen notwendig“, so Gedaschko.
Deutschlandweit herrscht in den meisten Metropolen Wohnraummangel; auch die Coronakrise hat die hohe Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt nicht gebremst – im Gegenteil. Vielmehr ist vielen Menschen die eigene Wohnsituation umso stärker ins Bewusstsein gerückt und damit auch der Anspruch an selbige gestiegen. Die Pandemie „hat uns gezeigt, wie wichtig die eigenen vier Wände sind – schließlich spielt sich fast alles zu Hause ab“, sagt auch Tim Lorenz, Vizepräsident Wirtschaft des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie. Der bundesweite Nachfrageüberhang ist vor diesem Hintergrund umso stärker in den Fokus gerückt. Aus diesem Grund schauen Experten auf den Stand der Baugenehmigungen, um daraus Prognosen für den Neubau abzuleiten. Allerdings kommt es nicht selten vor, dass Wohneinheiten genehmigt, aber nie gebaut werden – Hintergrund ist unter anderem, dass die Baufirmen im Immobilienboom teils überlastet sind. Aus diesem Grund liegt die Zahl der Baugenehmigungen generell über jener der fertiggestellten Gebäude.
Hinzu kommt, dass 2020 vor allem Zweifamilienhäuser vermehrt genehmigt wurden, kaum aber Mehrfamilienhäuser, welche jedoch zur Bekämpfung des Wohnungsmangels am wichtigsten sind. „Baugenehmigungen müssen vor allem dort schnell erteilt werden, wo bezahlbarer Wohnraum dringend gebraucht wird, und das sind die Metropolen“, sagt auch Andreas Ibel, Präsident des Bundesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen. Gerade in der Coronakrise müsse der Fokus zudem stärker auf die Innenstädte gelegt werden: „Wenn wir auch in Zukunft attraktive und lebendige Innenstädte wollen, müssen wir das Wohnen dort leichter ermöglichen.“