Die Wohnungsfrage gehört aktuell zu den politisch und medial am intensivsten diskutierten Themen in Deutschland. Durch Wohnungsknappheit sowie steigende Miet- und Kaufpreise wurde die öffentliche Debatte über die richtigen wohnungspolitischen Maßnahmen immer stärker polarisiert, sodass inzwischen sogar extreme Mittel wie Mietendeckel und Enteignungen diskutiert beziehungsweise bereits beschlossen werden. Wie eine Studie nun allerdings festgestellt hat, ist die Bevölkerung über die Realitäten des Wohnungsmarkts ziemlich schlecht informiert (Quelle: www.haufe.de).
Das legt jedenfalls eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa unter 2.000 Mietern und Eigentümern nahe, die vom BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen in Auftrag gegeben wurde. Knapp die Hälfte der Befragten geht beispielsweise davon aus, dass mehr als ein Viertel der Wohnungen in Deutschland im Besitz börsennotierter Wohnungsunternehmen sind – obwohl es in Wahrheit nur 2,2 Prozent sind. Diese falsche Wahrnehmung könnte daraus resultieren, dass im Fokus der Berichterstattung insbesondere größere Wohnungsunternehmen stehen, auch wenn drei Viertel des Wohnungsbestands in der Hand von Selbstnutzern und kleinen Vermietern sind.
Ebenfalls eine falsche Vorstellung haben die Bürger vom Wohnungsbau. 40 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass die fleißigsten Mietwohnungsbauer in Deutschland die Genossenschaften sind. Das könnte weiter von der Realität entfernt kaum sein, angesichts dessen, dass Genossenschaften nur für neun Prozent der neuen Mietwohnungen verantwortlich sind; mehrheitlich übernehmen private Unternehmen den Bau von Mietwohnungen.
Interessant sind auch die Antworten der Mieter auf die Frage, ob sie meinen, dass ihre aktuelle Miete zu hoch sei – dies bejahten lediglich 18 Prozent. Obwohl sich die öffentliche Debatte vor allem darauf konzentriert, das Steigen der Mieten zu begrenzen, zu stoppen oder sogar rückgängig zu machen, scheint die Mehrheit der Deutschen gar kein Problem mit der Höhe ihrer Miete zu haben.
Ein spannendes Ergebnis ist außerdem, dass die überwiegende Mehrheit zwar den Wohnungsbau als wirksamstes Instrument gegen steigende Mieten bewertet, dieses Thema aber nur von neun Prozent der Befragten in den Medien wahrgenommen wird. Während sich die wohnungspolitische Debatte fast völlig auf die Themen Mietrecht und Regulierung beschränkt, scheinen die meisten Bürger also zu durchschauen, dass darin nicht die Lösung der vorhandenen Herausforderungen liegt.
Umso problematischer und wohl auch eine Folge des falschen öffentlichen Fokus ist, dass der sinnvollere Lösungsweg – ein verstärkter Wohnungsbau – nicht ausreichend verfolgt wird und sich dies in einem Rückgang der Neubauaktivitäten ausdrückt. Die Zahl der Baugenehmigungen ist in den ersten sieben Monaten 2019 gegenüber dem Vorjahreszeitraum insgesamt um 3,4 Prozent gesunken, die für Mehrfamilienhäuser sogar um 4,1 Prozent (Quelle: www.destatis.de).