Der Wohnungsmangel in Deutschland ist gravierend - und eine Entspannung der Situation nicht in Sicht. Das zeigen die Ergebnisse der kürzlich veröffentlichten Bulwiengesa-Studie „Wohnungsdevelopments in Deutschland“. Wie die Autoren der Studie berichten, verzögert sich die Fertigstellung von mehr als 200.000 Wohnungen, bei 34 Prozent aller Wohnungsbauprojekte verzögert sich der Baubeginn. Nach wie vor werden deutlich weniger Wohnungen gebaut als benötigt: So wurden zwischen 2013 und 2023 jährlich rund 260.000 Wohnungen fertiggestellt - der Bedarf liegt aber bei rund 400.000 Wohnungen pro Jahr. Ein weiteres Problem ist, dass der Wohnungsmangel in den Städten am größten ist, aber mehr als 50 Prozent der neu gebauten Wohnungen im ländlichen Raum entstehen.
Bulwiengesa hat den Wohnungsbedarf in A-, B-, C- und D-Städten sowie im ländlichen Raum untersucht und die Wohnungsentwicklung bis 2040 anhand von Einwohnerzahlen, Baufertigstellungen und Fertigstellungen analysiert. Das Ergebnis: Der Bedarf bis 2028 liegt bei rund 420.000 Wohnungen pro Jahr. Steigende Bevölkerungszahlen verschärfen die Wohnungsknappheit: Zwischen 2013 und 2023 wird die Bevölkerung in Deutschland um 8 Prozent auf derzeit rund 84 Millionen Menschen wachsen. Für das Jahr 2040 rechnen die Autoren der Studie mit einem Bevölkerungswachstum von 0,5 Prozent, wobei in den sieben A-Städten ein Zuwachs von 5,6 Prozent erwartet wird. Als Folge der Wohnungsknappheit, so die Autoren, steigen auch die Mieten.
Die Wohnungsmieten in Deutschland steigen überdurchschnittlich. Das berichtet das Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Demnach entwickeln sich die Wohnungsmieten im ersten Quartal 2024 ganz anders als die Kaufpreise, die im Jahresvergleich (erstes Quartal 2023) noch sinken, im Quartalsvergleich (viertes Quartal 2023) aber stabil bleiben. Die inserierten Neuvertragsmieten sind laut aktuellem Wohn-Index des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) binnen Jahresfrist um 5,3 Prozent gestiegen und damit doppelt so stark wie 2019. Im Vergleich zum Vorquartal zeigt sich mit einem Plus von 1,5 Prozent eine deutliche Dynamik. Als einen der Hauptgründe für die steigenden Mieten sehen die Ökonomen die Wohnungsknappheit.
Die stärksten Mietsteigerungen gibt es laut IW in den Großstädten und deren Umland. In den "Top 7" (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart) stiegen die inserierten Neuvertragsmieten im ersten Quartal 2024 im Vergleich zum vierten Quartal 2023 um drei Prozent. Aber auch auf dem Land steigen die Mieten. Dort stiegen die Mieten im Vergleich zum Vorjahresquartal mit 4,6 Prozent nur geringfügig weniger als in den Landkreisen, die direkt an eine der Top-7-Städte angrenzen, wo die Mieten um 5,1 Prozent zulegten, heißt es in dem Bericht.
Die Ampelkoalition hatte sich Mitte April 2024 auf eine Verlängerung der Mietpreisbremse bis 2029 geeinigt. Die SPD diskutiert derweil eine Ausweitung der Mietpreisbremse auf Neubauten und möblierte Wohnungen.
Laut einer Analyse von ImmoScout24 verkaufen sich geräumige Eigentumswohnungen in deutschen Städten derzeit besonders gut. Die Ergebnisse der Analyse zeigen, dass die Nachfrage nach Wohnimmobilien seit November 2023 kontinuierlich steigt, während das Angebot sinkt. Besonders gefragt sind Wohnungen in den großen Metropolregionen: Im ersten Quartal 2024 entfielen 38 Prozent der verkauften Eigentumswohnungen auf die acht größten deutschen Metropolen (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, Leipzig, München, Stuttgart) - ein Plus von fünf Prozentpunkten im Vergleich zu 2022. Wohnungen im Umland der Metropolen machen 26 Prozent der Verkäufe aus, gefolgt von Wohnungen im ländlichen Raum mit 19 Prozent, die allerdings einen leichten Rückgang von einem Prozentpunkt im Vergleich zu 2022 verzeichnen. Einfamilienhäuser im ländlichen Raum werden mit einem Anteil von 41% zwar weiterhin am häufigsten verkauft, ihr Anteil ist jedoch im Zweijahresvergleich um 6 Prozentpunkte gesunken. Dagegen werden Einfamilienhäuser in städtischen Gebieten immer beliebter.
Gemäß ImmoScout24 machen Zwei- bis Dreizimmerwohnungen mit 51 bis 80 Quadratmetern Wohnfläche den größten Teil der Verkäufe aus, wobei auffällt, dass mehr großzügige Wohnungen mit über 120 Quadratmetern verkauft wurden. Diese großen Wohnungen entsprechen in etwa der Wohnfläche der am häufigsten verkauften Einfamilienhäuser mit 101 bis 150 Quadratmetern, auf die 38 Prozent der Verkäufe entfielen. Sehr große Wohnungen über 250 Quadratmeter haben im Zweijahresvergleich 2,5 Prozentpunkte verloren.
Ein aktuelles Urteil des Landgerichts Berlin könnte Auswirkungen auf das Recht der Eigenbedarfskündigung haben. Der Fall: Eine Vermieterin in Berlin hatte einem Mieter wegen Eigenbedarfs gekündigt, weil sie die von ihm bewohnte Wohnung selbst nutzen wollte. Sie begründete die Kündigung damit, dass sie die Wohnung benötige, um in einem Restaurant zu arbeiten, an dem sie Anteile erworben habe. Der Mieter widersprach der Kündigung mit der Begründung, dass er in Berlin wegen des angespannten Wohnungsmarktes keinen angemessenen Ersatzwohnraum finden könne. Die Vermieterin verklagte ihn daraufhin auf Räumung der Wohnung.
Das Amtsgericht Berlin-Mitte wies die Klage zunächst ab, da die Kündigung formell nicht ausreichend begründet war. In der Berufungsinstanz hielt das Landgericht Berlin II die Eigenbedarfskündigung zunächst für formell wirksam. Die Vermieterin habe die Kündigung ordnungsgemäß begründet und die Wohnung tatsächlich gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB benötigt. Dennoch wies das Gericht die Räumungsklage als unbegründet ab und verurteilte die Vermieterin zur Fortsetzung des Mietverhältnisses für die Dauer von zwei Jahren. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter eine unzumutbare Härte darstelle. Aufgrund seiner begrenzten finanziellen Mittel sei es ihm nicht möglich, eine angemessene Ersatzwohnung zu finden. Dies hatte der Mieter nachgewiesen, indem er sich über einen Zeitraum von zwei Jahren und acht Monaten erfolglos auf 244 freie Wohnungen in Berlin und Umgebung beworben hatte.
Die Richter stellten außerdem fest, dass der Wohnungsmarkt in Berlin äußerst angespannt sei: Die Leerstandsquote betrage nur noch 0,3 Prozent. Hinzu komme das starke Bevölkerungswachstum sowie die Tatsache, dass der Bestand an Sozialwohnungen in der Hauptstadt abnehme und nur wenige neue Wohnungen gebaut würden. Nach Angaben des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg lebten Ende Juni 2023 3.770.699 Menschen in Berlin. Damit stieg die Einwohnerzahl im ersten Halbjahr um 15.448 Personen bzw. 0,4 Prozent. Besonders hoch war die Zuwanderung im Jahr 2022, als - auch aufgrund des Krieges in der Ukraine - fast 85.000 Menschen nach Berlin zogen.