In den vergangenen Jahren haben niedrige Zinsen, ja sogar negative Zinsen, die Wirtschaft in Europa ordentlich angekurbelt. Insbesondere auf dem deutschen Immobilienmarkt hat dies zu einem regelrechten Boom geführt. Privat- oder Firmenkredite konnten zu günstigen Konditionen bei den Banken erhalten werden, um die Finanzierung einer Immobilie zu ermöglichen. Nun ist die Leitzinserhöhung in aller Munde. Was der Leitzins überhaupt ist, welche Auswirkungen seine Erhöhung haben kann und was das Ganze eigentlich mit Immobilien zu tun hat, erfahren Sie in diesem Artikel.
Der Leitzins bezeichnet den von einer Zentralbank festgelegten Zinssatz, zu denen Geschäftsbanken bei einer Zentral- oder Notenbank Geld leihen oder anlegen können. Es gibt nicht nur einen Leitzins, sondern gleich drei verschiedene. Insbesondere die Hauptrefinanzierungsfazilität ist für Immobilieninteressierte relevant. Diese Fazilität gibt den Zinssatz an, zu dem sich Banken über einen längeren Zeitraum Geld von der Zentralbank (in der Eurozone ist es die Europäische Zentralbank - EZB) leihen können.
Nach Jahren mit niedrigen Zinsen erhöhte die EZB Anfang September 2022 infolge einer rekordverdächtigen Teuerungsrate den Hauptrefinanzierungszins um 0,75 Prozent auf 1,25 Prozent. Ein Jahr später im September 2023, wurde er erneut um dieselben Prozentpunkte auf einen festgelegten Zinssatz von 2 Prozent angehoben.
Wir befinden uns derzeit in einer Inflationsphase, einer langfristigen Preissteigerung bei Waren und Dienstleistungen, was bedeutet, dass man weniger für sein Geld bekommt. Um dem entgegenzuwirken, erfolgt die Erhöhung des Hauptrefinanzierungszinses. Dieser Zinssatz ist das wichtigste finanzpolitische Instrument der EZB, da er die Zinsen am Geld- und Kapitalmarkt indirekt beeinflussen und somit die Refinanzierungskosten der Geschäftsbanken steuern kann. Durch Zinserhöhungen sinkt die Nachfrage, was langfristig zu fallenden Preisen führt. Die Inflation wird eingedämmt, indem die Geldmenge verringert wird. Dem Leitzins wird eine entscheidende Rolle im Kampf gegen die Geldentwertung zugeschrieben, aufgrund seiner Auswirkungen auf den Finanzmarkt.
Nun fragt ihr euch sicher, wie sich die Erhöhung des Leitzinses auf alle auswirkt? Das ist recht einfach. Je höher der Leitzins, desto teurer wird es für Banken, sich bei einer Zentral- oder Notenbank Geld zu leihen. Die Banken geben die erhöhten Kosten in der Regel direkt an Verbraucher und Unternehmen weiter, indem sie die Zinsen, zu denen Kredite aufgenommen werden können, anheben. Schließlich wollen die Banken die zusätzlichen Kosten nicht allein tragen. Mit der Erhöhung des Hauptrefinanzierungszinses steigen also nicht nur die Kosten für Banken, sondern es wird auch für alle teurer. Eine solche Weitergabe von Kosten ist im Sinne der EZB, da sich die Erhöhung des Leitzinses direkt auf die Ausgaben, Kredite und Ersparnisse der Verbraucher im Währungsraum auswirkt.
Derzeit besteht immer noch eine hohe Nachfrage, obwohl die Zinsen gestiegen sind. Es gibt also immer noch mehr Menschen, die eine Immobilie kaufen möchten, als verfügbare Objekte auf dem Markt sind. Das hält vorerst die Preise hoch. Allerdings nähern wir uns einer Phase, in der immer mehr Immobilienbesitzer das Ende ihrer Zinsbindungsdauer erreichen und einen Anschlusskredit benötigen, der plötzlich deutlich höher verzinst wird als zuvor. Dies wird dazu führen, dass viele Eigentümer ihre Immobilien verkaufen möchten. Genau hier ergeben sich Chancen. Aufgrund der aktuellen Marktdynamik werden nicht nur mehr Objekte verfügbar sein, sondern es eröffnen sich auch bessere Verhandlungsmöglichkeiten für den Kauf einer Wunschimmobilie – sei es als Eigenheim oder als Investition.