In seinem aktuellen Jahresgutachten hat sich der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung kritisch zur Wohnungspolitik der Bundesregierung geäußert. Die fünf Wirtschaftsweisen analysieren die bereits beschlossenen sowie die noch geplanten Maßnahmen und gehen teilweise hart mit der Politik ins Gericht – beispielsweise wegen der Mietpreisbremse (Quelle: www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de). Die Wirtschaftsexperten nennen die Regelung zur Mietdeckelung eine „begrenzte Symptomtherapie“ mit Nebenwirkungen. Für Wohnungssuchende wirkt sich die Mietpreisbremse dem Gutachten zufolge negativ aus, denn das Angebot an regulären Mietwohnungen verringert sich durch die Anwendung des Regulierungsinstruments. Wie die Sachverständigen analysieren, kann die Mietpreisbremse einerseits Investoren abschrecken, in den Wohnungsbau zu investieren, andererseits gibt sie Vermietern einen Anreiz, ihre Eigentumswohnung nicht weiter zu vermieten, sondern an Selbstnutzer zu verkaufen.
Trotz der Argumente des Sachverständigenrats verlässt sich die Bundesregierung weiterhin auf die Mietpreisbremse. Die Große Koalition hat nicht vor, das Instrument abzuschaffen, sondern will es mit einem aktuellen Gesetzentwurf sogar noch verschärfen (Quelle: www.thomas-daily.de). Dabei lässt sich, wie auch die Wirtschaftsweisen herausstellen, das Grundproblem mit Maßnahmen wie der Mietpreisbremse überhaupt nicht lösen – nämlich die Angebotsknappheit. Als Hemmnis für die notwendige Ausweitung des Wohnraumangebots identifiziert das Gutachten unter anderem zu viele Regulierungen, die die Baukosten erhöhen, sowie langwierige Genehmigungsverfahren. Auch die Baulandknappheit wird angesprochen, die die Große Koalition unter anderem durch die Schaffung einer Grundsteuer C zu lösen gedenkt. Mit dieser will die Bundesregierung Grundstücke mobilisieren und Spekulationen eindämmen, indem sie unbebautes Bauland zusätzlich besteuert. Der Sachverständigenrat weist jedoch auf „erhebliche Probleme“ hin, zu denen die Maßnahme führen würde. Denn es seien nicht bloß spekulative Absichten als Grund dafür denkbar, dass Grundstückseigentümer nicht bauen, sondern beispielsweise regulatorische Hürden, lange Genehmigungsverfahren oder der Mangel an Baukapazitäten.
Die Wohneigentumspolitik der Großen Koalition wird in dem Gutachten ebenfalls kritisiert. Das bereits eingeführte Baukindergeld zeichnet sich demnach durch Mitnahmeeffekte aus und begünstigt insbesondere jene, die sich Wohneigentum bereits zuvor leisten konnten. Zu einer Erhöhung der Wohneigentumsquote kann diese Maßnahme daher allenfalls minimal beitragen. Stattdessen wäre, so die Wirtschaftsweisen, eine Reform der Grunderwerbsteuer angezeigt, die die Erwerbsnebenkosten bisher deutlich nach oben treibt. Empfohlen wird ein Blick ins Ausland, beispielsweise nach Großbritannien, wo ein Stufentarif angewendet wird, der an der Höhe des Kaufpreises hängt. Oder in die Niederlande, wo Neubauten von der Grunderwerbsteuer befreit sind. Erstaunlich ist übrigens der Vergleich zwischen den Niederlanden und dem direkt benachbarten Nordrhein-Westfalen. Beim Erwerb einer Immobilie für 250.000 Euro fallen dem Gutachten zufolge in Nordrhein-Westfalen viermal höhere Kaufnebenkosten an als bei den niederländischen Nachbarn. Insgesamt stellen die Wirtschaftsweisen der Wohnungspolitik der Großen Koalition ein äußerst schlechtes Zeugnis aus. Ob die Bundesregierung das Gutachten zum Anlass nehmen wird, etwas an ihrer Politik zu ändern, ist jedoch zu bezweifeln.