Die Nachfrage nach Wohnraum wird in Deutschland noch jahrzehntelang zunehmen – trotz langfristig voraussichtlich abnehmender Bevölkerungszahlen. Das ist das Ergebnis einer Studie von Bernd Raffelhüschen und Roman Witkowski von der Universität Freiburg. Gründe für diese Entwicklung sind der steigende Wohnflächenverbrauch pro Kopf und die steigende Zahl von Ein- und Zweipersonenhaushalten, wie die Studie „Soziodemografischer Wandel und regionale Immobilienmärkte“ festhält (Quelle: tagesspiegel.de).
Bis 2030 wird demnach jeder Einwohner im Schnitt 49 Quadratmeter Wohnfläche nachfragen, 2015 waren es noch 45 Quadratmeter. Hinzu kommt, dass die durchschnittliche Haushaltsgröße immer kleiner wird – während 2015 noch 1,99 Personen in einem Haushalt leben, werden es 2030 nur noch 1,86 Personen sein (Quelle: handelsblatt.com). Obwohl die Forscher aufgrund des demografischen Wandels von einem Bevölkerungsrückgang bereits ab 2021 ausgehen, wird die Zahl der Haushalte bis 2030 dennoch um sechs Prozent steigen. Bis 2060 soll sie sich auf dem heutigen Niveau einpendeln.
Die Experten rechnen deshalb insbesondere in begehrten Lagen beziehungsweise Metropolregionen mit langfristig steigenden Immobilienpreisen. Die Konzentration der Bevölkerung auf die sogenannten Schwarmstädte wird sich bis 2060 nämlich noch verstärken, so die Studie. Dies gilt vor allem für die östlichen Bundesländer, auf lange Sicht aber auch für den Westen der Bundesrepublik. Die Studie geht von einer jährlichen Nettozuwanderung in Deutschland von im Schnitt 200.000 Personen aus, die es voraussichtlich überwiegend in die großen Städte zieht. Daher rechnen die Studienautoren damit, dass Wohnungen in Mehrfamilienhäusern besonders nachgefragt sein werden.
Doch der Wohnungsneubau gerät ausgerechnet in diesem Segment ins Stocken. Im ersten Quartal 2019 ist die Zahl der genehmigten Wohnungen in Mehrfamilienhäusern zum ersten Mal seit längerer Zeit wieder gesunken. 4,4 Prozent weniger Einheiten wurden genehmigt als im Vorjahreszeitraum. Einen Zuwachs gab es hingegen bei den Einfamilienhäusern, die der Wohnraumnachfrage in den Ballungszentren jedoch wenig entgegensetzen können (Quelle: welt.de).
Die von der Bundesregierung angekündigte Wohnraumoffensive verpufft bisher wirkungslos. Im Schnitt 375.000 neue Wohnungen jährlich bis 2021 hatte sich die Große Koalition als Ziel gesetzt, doch 2018 wurden lediglich 285.900 Wohnungen fertiggestellt (Quelle: destatis.de). Auch für 2019 wird damit gerechnet, dass nicht mehr als 315.000 bis 320.000 Einheiten fertiggestellt werden.
Hinzu kommt, dass sich die Politik weiterhin vor allem auf Regulierungsmaßnahmen im Mietrecht – beispielsweise eine erneute Verschärfung der Mietpreisbremse – fokussiert statt auf die Förderung von Wohnungsneubau (Quelle: tagesschau.de). Das Missverhältnis zwischen geringem Angebot und erhöhter Wohnraumnachfrage dürfte sich so bald also nicht ändern, weshalb eine Entspannung der Marktsituation gerade in den Ballungsregionen nicht abzusehen ist.