Noch im vergangenen Jahr waren alle davon ausgegangen, dass die Zinsen für Immobiliendarlehen ihren Tiefpunkt längst überschritten hätten und kurz-, mittel- und langfristig nur noch steigen könnten – doch im Frühsommer 2019 stellt sich die Situation völlig anders dar als erwartet. Die Bauzinsen sind nicht nur nicht gestiegen, sondern haben Ende Mai sogar ein Allzeittief erreicht. Wie der Finanzierungsvermittler Interhyp mitteilte, ist der durchschnittliche Zinssatz für zehnjährige Darlehen auf 1,06 Prozent gefallen. Der bisherige Tiefpunkt lag bei 1,11 Prozent und wurde im Herbst 2016 erreicht (Quelle: www.fr.de).
Einer der Gründe für den neuerlichen Rückgang der Bauzinsen ist die ausbleibende Zinswende der Europäischen Zentralbank. Ursprünglich war prognostiziert worden, dass diese den aktuell bei null Prozent liegenden Leitzins bereits Mitte 2019 anheben würde. Der prognostizierte Termin wurde jedoch immer weiter nach hinten verschoben – erst auf Ende 2019, dann auf Mitte 2020 und inzwischen gehen viele sogar davon aus, dass es erst 2021 so weit sein wird.
Hinzu kommt, dass angesichts zunehmender weltwirtschaftlicher Unsicherheiten – beispielsweise der Handelskonflikt zwischen den USA und China – die Rendite für Bundesanleihen stark gesunken ist, was auch Auswirkungen auf die Hypothekenzinsen hat. Das könnte sich mittelfristig zwar wieder ändern und die durchschnittlichen Bauzinsen für zehnjährige Darlehen könnten wieder leicht steigen. Doch dass sie demnächst die Spannweite zwischen einem und zwei Prozent verlassen, in der sie sich bereits seit 2014 bewegen (Quelle: www.interhyp.de), erscheint eher unwahrscheinlich.
Der Zeitpunkt für den Erwerb von Wohneigentum ist also weiterhin günstig. Das hat auch der ACCENTRO-IW-Wohnkostenreport 2019 gezeigt, der Anfang Mai veröffentlicht wurde und darauf aufmerksam machte, dass der Kauf einer Immobilie in fast allen Regionen Deutschlands günstiger ist, als zu mieten (Quelle: www.accentro.de). Im bundesdeutschen Mittel zahlen Selbstnutzer gegenüber Mietern der Studie zufolge 40 Prozent weniger.
Doch die Quote der Wohneigentümer stagniert weiter, die Zahl der Ersterwerber ist zuletzt sogar gesunken. Zwar hat die Große Koalition im vergangenen Jahr das umstrittene Baukindergeld eingeführt, aber seither dominieren Mieterthemen wie der sogenannte Mietendeckel oder die Verschärfung der Mietpreisbremse die Debatte. Es ist auch diese Prioritätensetzung der Politik, die dafür sorgt, dass Deutschland mit 45 Prozent die niedrigste Wohneigentumsquote der Europäischen Union hat (Quelle: www.lbs-markt-fuer-wohnimmobilien.de).