Fehlendes Bauland ist eines der größten Hindernisse, wenn es darum geht, den Wohnraummangel zu bekämpfen. Freie Grundstücke sind insbesondere in den Ballungszentren, wo die größte Wohnungsnot herrscht, äußerst rar und entsprechend teuer. Deshalb wird immer wieder auf die hohe Relevanz von städtischer Nachverdichtung hingewiesen, spätestens seit die Technische Universität (TU) Darmstadt im Jahr 2016 eine Studie veröffentlicht hat, der zufolge 1,5 Millionen neue Wohnungen allein durch Dachaufstockungen von Wohngebäuden errichtet werden können. Jetzt hat die TU Darmstadt die Untersuchung um Nichtwohngebäude erweitert – und das Potenzial für weitere 1,2 Millionen Wohnungen gefunden (Quelle: www.bak.de).
Der Bau von insgesamt 2,7 Millionen neuen Wohnungen wäre also möglich, und das ohne die Notwendigkeit von freiem Bauland oder der Bereitstellung ganz neuer Infrastruktur. 1,5 Millionen Wohnungen könnten der Studie zufolge auf Wohngebäuden der 1950er- bis 1990er-Jahre errichtet werden, weitere 560.000 Wohnungen hätten Platz auf bestehenden Büro- und Verwaltungsgebäuden. Hinzu kommen 400.000 Wohnungen auf eingeschossigem Einzelhandel und Discountern, 20.000 Wohnungen auf Parkhäusern sowie 350.000 Wohnungen durch Umnutzung leerstehender Büro- und Verwaltungsgebäude.
Das Ziel der Bundesregierung ist es, bis Ende 2021 für den Bau von 1,5 Millionen Wohnungen zu sorgen, um die größten Wohnversorgungsprobleme zu beseitigen. Dieses Ziel und noch weit mehr wäre allein durch Dachaufstockungen zu erreichen, eine deutliche Zunahme von Nachverdichtungsmaßnahmen wäre also wünschenswert. Und doch sieht die Realität ganz anders aus – im Jahr 2018 ging die Zahl der genehmigten Wohnungen durch Baumaßnahmen an bestehenden Gebäuden gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 8,4 Prozent zurück (Quelle: www.destatis.de). Bereits 2017 war ein kräftiger Rückgang um 19,5 Prozent zu verzeichnen (Quelle: www.destatis.de).
Es muss sich also offenbar etwas ändern, und auch in der Studie der TU Darmstadt wird betont, dass unter den aktuellen Rahmenbedingungen das Potenzial an neuen Wohnungen nicht ausgeschöpft werden könne. Die Studienautoren mahnen daher Änderungen an zahlreichen bauordnungs- und bauplanungsrechtlichen Vorgaben an. Gefordert werden Vereinfachungen für Dachaufstockungen, etwa indem die Überschreitung der zulässigen Geschossflächenzahl zugelassen wird, Anforderungen an die Barrierefreiheit reduziert werden oder Stellplatzanforderungen wegfallen.
Genehmigungsverfahren bei Aufstockungen müssten vereinfacht und verkürzt, bei Nutzungsänderungen erleichtert werden. Auch eine staatliche Förderung von Dachaufstockungen wird vorgeschlagen, beispielsweise durch eine Sonderabschreibung für Bauherren. Die Möglichkeiten für eine Bekämpfung des Wohnraummangels sind also zahlreich, das macht die Studie der TU Darmstadt deutlich – ob die Politik den Handlungsempfehlungen folgen wird, ist allerdings eine ganz andere Frage.