Im Zuge der Grundsteuerreform müssen etwa 36 Millionen Immobilien in Deutschland neu bewertet werden. Bereits ab dem 01.07.2022 wird für Eigentümer eine zusätzliche Steuererklärung fällig. Experten kritisieren das Verfahren und warnen vor einem Datenchaos. Wer ist betroffen und was muss beachtet werden?
Infolge der 2019 beschlossenen Reform der Grundsteuer sind Eigentümer bereits in diesem Sommer zur Abgabe einer zusätzlichen Steuererklärung verpflichtet. Notwendig geworden war die neue Berechnungsgrundlage, da das Bundesverfassungsgericht wegen der veralteten Datengrundlage eine entsprechende Neuregelung vom Gesetzgeber gefordert hatte. Damit die Finanzämter ausreichend Zeit zur Berechnung haben und die neue Grundsteuer fristgerecht zum 01.01.2025 in Kraft treten kann, brauchen die Behörden schon jetzt Informationen zu Grundstücken, Häusern und Wohnungen. Dem Bundesfinanzministerium zufolge handelt es sich bei der Umsetzung der Reform für die Steuerbehörden um eines der größten Projekte in der deutschen Nachkriegsgeschichte.
Eigentümer eines Grundstücks, einer Eigentumswohnung oder eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs müssen zwischen dem 1. Juli und dem 31. Oktober 2022 elektronisch über die Steuerplattform ELSTER eine Feststellungserklärung beim Finanzamt einreichen. Auch Erbbauberechtigte sowie Gebäudeeigentümer, deren Gebäude auf fremdem Grund und Boden stehen, sind zur Einreichung – unter Mitwirkung der jeweiligen Eigentümer – verpflichtet. Da die Freischaltung bei ELSTER bis zu zwei Wochen dauern kann und bei Verspätung mit Zuschlägen zu rechnen ist, ist es für Eigentümer ratsam, sich frühzeitig um die Einreichung zu kümmern. Der Stichtag für alle Angaben war der 01.01.2022. Alle danach erfolgten Änderungen müssen nicht berücksichtigt werden. Auf Grundlage der abgegebenen Erklärung wird dann künftig die Höhe der Grundsteuer berechnet – der neue Grundbesitzwert ersetzt als Faktor den alten Einheitswert der Immobilie.
Die Höhe der künftig fälligen Grundsteuer sowie die benötigten Angaben variieren je nach Bundesland. Meist sind jedoch Grundstücks- und Wohnfläche, die Art des Gebäudes, das Baujahr und der Bodenrichtwert entscheidend für die Berechnung. Während Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen sich dem sogenannten Bundesmodell angeschlossen haben, nach dem der Wert des Grundstücks entscheidend ist, haben die übrigen Bundesländer eigene Gesetze erlassen, bei denen teilweise nicht der Wert des Grundstücks maßgeblich ist. Beim Bundesmodell wird der Grundstückswert bei Wohngebäuden mit dem Ertragswertverfahren und bei betrieblich genutzten Gebäuden mit dem Sachwertverfahren bestimmt. Genauere Informationen über die Regelung in Ihrem Bundesland finden Sie unter anderem unter www.grundsteuerreform.de.
Die tatsächliche Höhe der Grundsteuer ist abhängig von den Hebesätzen der Gemeinden, für die die Steuer eine wichtige Einnahmequelle ist. Theoretisch können die Hebesätze zwischen 0,0 und mehr als 1.000 Prozent liegen. Zwar sind die Kommunen in Deutschland angehalten, ihre Einnahmen ungefähr auf dem gleichen Niveau zu belassen, eine Pflicht besteht aber nicht. Für die meisten Wohnungseigentümer beträgt die Grundsteuer einige Hundert Euro im Jahr, während Eigentümer von Mietshäusern in der Regel schon auf vierstellige Beträge kommen. Wie viel am Ende genau fällig wird und ob mehr oder weniger zu zahlen ist, erfahren Eigentümer schlussendlich erst 2025.
Sowohl Steuerberater als auch Verbände wie der Eigentümerverband Haus und Grund kritisieren das geplante Vorgehen. Aufgrund der fehlenden Pflicht, Hausbesitzer direkt anzuschreiben, wüssten viele nichts von der abzugebenden Feststellungserklärung. Kritisiert wird auch, dass die Beschaffung der notwendigen Daten von den Eigentümern geleistet werden muss. Beispielsweise die Bestimmung des Alters eines Gebäudes ist schwierig, da etwa auch Kernsanierungen berücksichtigt werden müssen. Außerdem wird auch die Uneinheitlichkeit der Bundesländer als verkomplizierender Faktor von Steuerberatern moniert. Unterstützung können sich Eigentümer bei Steuerberatern und Branchenverbänden holen.