In der Wohneigentümergemeinschaft finden derzeit weitreichende Umbaumaßnahmen statt, ein neuer Hausmeister wurde bestellt und zusätzlich ist eine Dachsanierung geplant. Normalerweise wird über alle diese Tatbestände bei Eigentümerversammlungen abgestimmt. Mindestens einmal jährlich obliegt es dem Verwalter der Wohneigentümergemeinschaft (WEG), eine Versammlung einzuberufen und alle Eigentümer der Wohnungen hierzu einzuladen. Wenn es keinen WEG-Verwalter gibt, weil ein solcher erst bestellt werden muss, oder ein Wechsel in der Verwaltung vorliegt, dann ist der Verwaltungsbeirat am Zug, die jährliche oder auch eine außerordentliche Versammlung einzuberufen.
Die Versammlung aller Wohneigentümer ist ein wichtiges Element des Wohneigentumsrechts. Nur mit ihrer Stimmabgabe verleihen die Wohnungseigentümer ihrem Willen rechtmäßigen Ausdruck bei der Beschlussfassung der einzelnen Punkte. Zu den Tagesordnungspunkten zählen beispielsweise Baumaßnahmen im Gesamteigentum, die Bestellung des Verwalters oder Sonderumlagen. Abwesende Wohnungseigentümer können keine Stimme abgeben. Es sei denn, sie haben eine dritte Person dazu bevollmächtigt. Im Eigeninteresse der Eigentümer, aber auch im Sinne der gemeinsamen Beschlussfassung über die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums macht es durchaus Sinn, als Eigentümer an dieser jährlichen Veranstaltung mitzuwirken oder durch Befugte vertreten zu sein. In Zeiten von Corona ist das aber gar nicht so einfach. Aufgrund der Pandemie sind Veranstaltungen in den Ländern wie Städten streng limitiert und nur mit einer begrenzten Teilnehmeranzahl erlaubt.
Um die Pandemie einzudämmen, hat die Bundesregierung für private Treffen Teilnehmerbeschränkungen erlassen, die folglich auch die privaten Wohneigentümerversammlungen betreffen. Laut Bundesregierung haben die Länder aufgrund der Änderung des Infektionsschutzgesetzes nun die Möglichkeit, die Personenanzahl bei privaten Zusammenkünften oder sozialen Kontakten nicht nur für Ungeimpfte, sondern auch für Geimpfte und Genesene zu begrenzen. Diesbezügliche Regeln werden dem Infektionsgeschehen laufend angepasst und sind online auf den jeweiligen Länderseiten beziehungsweise auf bundesregierung.de abrufbar.
Die Verordnung gilt nun auch für die privaten Wohneigentümerversammlungen. Damit die Verwalter und Eigentümer der Wohnungen auch während der Corona-Krise beschlussfähig sind und konkrete Entscheidungen auf den Weg bringen können, wurden bereits im März des Vorjahres vorsorglich Sonderregeln im Wohneigentumsrecht erstellt. Diese sind im Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht enthalten. Die Corona-Sonderregeln, die ursprünglich bis zum 31.12.2021 befristet waren, wurden nun bis zum August 2022 verlängert. Amtierende Verwalter bleiben bis zu ihrer Abberufung oder zur Bestellung einer neuen Verwaltung im Einsatz. Auch der beschlossene Wirtschaftsplan behält seine Gültigkeit, bis die Wohnungseigentümer einen neuen Wirtschaftsplan beschließen.
Um die anstehenden Jahresversammlungen der Wohnungseigentümer in Deutschland auch kommendes Jahr nicht ins Wasser fallen zu lassen, setzen viele WEG-Verwalter auf die Möglichkeit eines digitalen Zusammentreffens in hybrider Abwicklung. Dies bedeutet, dass es weiterhin einen physischen Ort für die Versammlung geben muss, an den sich Wohnungseigentümer per Online-Zuschaltung begeben können. Eine Jahreshauptversammlung ausschließlich online durchzuführen, müsste im Gremium der Wohnungseigentümer einhellig beschlossen sein. Auch über die Möglichkeit einer hybriden Jahresversammlung muss zuvor im Gremium der Wohnungseigentümer abgestimmt werden. Für eine digitale Wohneigentümerversammlung gilt die gleiche Bestimmung wie für die herkömmlichen jährlichen Präsenzveranstaltungen. Es müssen insgesamt mehr als 50 Prozent der Miteigentumsanteile vertreten sein, damit Beschlüsse gefasst werden können. Der Verband der Immobilienverwalter Deutschland (VDIV) hat für seine Mitgliedsunternehmen Informations-Flyer für Online-Versammlungen entworfen, die sich Eigentümer bei den Verwaltungen abholen können.