Nach einem Jahr voller Diskussionen steht jetzt fest: Der Berliner Mietendeckel ist verfassungswidrig. Das hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in Karlsruhe entschieden. Argumentiert wird unter anderem, dass mit der Verabschiedung der Mietpreisbremse 2015 durch den Bund die Gesetzgebungsbefugnis ausschließlich bei diesem liege. Länder sind demnach nur dann zur Gesetzgebung befugt, wenn der Bund den jeweiligen Bereich nicht bereits zur Gänze abdeckt, wie es aber durch die Mietpreisbremse der Fall ist. Somit sei der Mietendeckel vom Berliner Senat ungesetzmäßig als „paralleles Mietpreisrecht“ eingeführt worden, führten die Karlsruher Richter aus. (Quelle: www.handelsblatt.com).
Mit der Mietpreisbremse sind die Bundesländer in der Lage, die Miethöhe bei neu abgeschlossenen Verträgen in Städten und Regionen mit angespanntem Wohnungsmarkt auf ein Preisniveau zu beschränken, das maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt. Gegen den Mietendeckel geklagt hatten zum einen Bundesabgeordnete von CDU/CSU und FDP, zum anderen aber auch zahlreiche private Immobilieneigentümer und Wohnungsbaugenossenschaften.
Die Konsequenzen des Urteils werden nun den Berliner Senat beschäftigen. Dabei sollen sozial verträgliche Lösungen für die Mieter gefunden werden, denn für viele stehen nun nicht nur künftig höhere Mietzahlungen, sondern obendrein Nachzahlungen für die vergangenen Monate an, und zwar in Höhe der Differenz zwischen Mietendeckelmiete und Vertragsmiete. Zahlreiche Vermieter hatten für genau diesen Fall sogenannte Schattenmieten in den Mietverträgen verankert (Quelle: www.handelsblatt.com).
Zwar hatte der Berliner Mieterverein den Mietern bei Inkrafttreten des Mietendeckels geraten, das durch die Regelung eingesparte Geld bis zur anstehenden Entscheidung durch das höchste deutsche Gericht zurückzulegen. Allerdings dürfte davon auszugehen sein, dass dies nicht flächendeckend befolgt wurde.
„Es ist nun die Aufgabe des Bundes, entweder ein wirkungsvolles Mietpreisrecht zu schaffen, das die soziale Mischung in den Städten sichert, oder aber den Ländern die Kompetenz dafür zu übertragen“, kommentierte Stadtentwicklungssenator Sebastian Scheel von der Linken den Beschluss des BVerfG, der keine Verantwortung für das Mietendeckel-Debakel übernahm.
Der rot-rot-grüne Berliner Senat hatte mit dem Mietendeckel den drastischen Mietpreisanstieg in der Hauptstadt regulieren wollen. In der Folge waren seit dem 23. Februar 2020 die Mieten für 1,5 Millionen Wohnungen auf dem Stand von Juni 2019 praktisch „eingefroren“ worden. Das bedeutet, dass Vermieter sich bei der Neuvermietung einer Wohnung an staatlich definierte Obergrenzen halten mussten. Letztere wiederum waren abhängig von verschiedenen Faktoren wie dem Alter der Wohnung oder der Heizungsart.
Im Herbst vergangenen Jahres, am 23. November, war zudem die zweite Stufe des Mietendeckels realisiert worden, infolge der auch laufende Mieten, die mehr als 20 Prozent über den Obergrenzen lagen, vom Vermieter abgesenkt werden mussten. Betroffen waren rund 340.000 Berliner Mieterhaushalte. Die Höchstgrenze lag bei 9,80 Euro je Quadratmeter. Seit 2014 errichtete Neubauten waren vom Mietendeckel ausgenommen. Ursprünglich sollte der Mietendeckel auf fünf Jahre begrenzt sein.
Der Mietendeckel war im Verlauf der vergangenen rund zwölf Monate vielfach kritisiert worden, da sich die Immobilienwirtschaft in ihren Eigentumsrechten beschnitten sah. Außerdem war er in seiner Wirksamkeit umstritten: Zwar waren im Rahmen der Mietendeckel-Regelung die Angebotsmieten in Berlin zwischen Januar 2020 und Januar 2021 tatsächlich um rund 7,8 Prozent zurückgegangen, wie eine Analyse von Immobilienscout24 ergeben hatte. Bei drei von vier Inseraten auf dem Immobilienportal habe die Miete dennoch über der zulässigen Obergrenze gelegen, und zwar im Schnitt um 2,76 Euro je Quadratmeter.
Mit Blick auf den Berliner Wohnungsmarkt ist nun zu erwarten, dass die Mieten in den kommenden Monaten sprunghaft ansteigen werden. Gleichzeitig dürften sich Neubau- und Bestandsmieten einander wieder annähern.