Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller hat sich mit einem umfassenden wohnungspolitischen Forderungskatalog zu Wort gemeldet. In einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel ruft der SPD-Politiker dazu auf, dass die „Bedürfnisse der Mieterinnen und Mieter“ endlich „klaren Vorrang vor Lobbyinteressen“ haben müssten (Quelle: tagesspiegel.de). Müller will die SPD an die Seite der Mieter stellen und fordert daher, dass „der Staat seine Ressourcen für die Versorgung derjenigen nutzen“ solle, „die auf bezahlbare Wohnungen angewiesen sind“. Müller will, dass der Gesetzgeber jedwede Eigentumsförderung einstellt und seinen Fokus allein auf Mietenpolitik legt. Müller nennt es zwar verständlich, dass viele Menschen den Wunsch nach Wohneigentum verspüren, doch der Staat solle trotzdem keine Ressourcen für die Eigentumsförderung verwenden.
Dabei stellt sich die Frage, wie Müller eigentlich darauf kommt, dass so viel für die Förderung von Wohnungskäufern getan werde. Schließlich ist das Baukindergeld, das in diesem Jahr starten soll, die erste und einzige eigentumsfördernde Maßnahme seit dem Ende der Eigenheimzulage im Jahr 2006. Zwar wird auch das Bestellerprinzip für Kaufimmobilien diskutiert, was Wohnungskäufer von der Maklerprovision entlasten soll, doch würden durch eine Einführung des Bestellerprinzips keine staatlichen Ressourcen aufgewendet. Ganz im Gegensatz zu einer möglichen Reform der Grunderwerbsteuer, die zu einem Verlust von Steuereinnahmen führen würde – die die Bundesregierung aber gar nicht plant. Tatsächlich liegt der Fokus der Wohnungspolitik insbesondere in Berlin schon längst auf dem Mieterschutz. Zahlreiche Stadtviertel sind zu Milieuschutzgebieten erklärt worden, die Bezirke üben außerdem regelmäßig ihr Vorkaufsrecht aus, entweder um Mietshäuser selbst anzukaufen oder um Investoren Abwendungsvereinbarungen aufzuerlegen. Bürgermeister Müller geht in seinem Gastbeitrag im Tagesspiegel aber noch einen Schritt weiter und bringt ein Mietmoratorium ins Spiel, also einen Mieterhöhungsstopp. Müller führt diese Idee nicht näher aus, sondern schreibt nur, dass ein mögliches Mietmoratorium mit der Wohnungswirtschaft verhandelt werden solle.
Bemerkenswert ist, dass Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke) parallel einen Aktionsplan für mehr Wohnungsbau veröffentlicht hat – und zwar am selben Tag, an dem die Gastbeiträge des Regierenden Bürgermeisters erschienen. Lompscher will einerseits Baumfällungen schon vor der Erteilung der Baugenehmigung ermöglichen, andererseits setzt sie sich für eine Erleichterung von Nachverdichtung ein (Quelle: tagesspiegel.de). Das verwundert, weil die Bausenatorin erst im vergangenen Sommer mit einem Rundschreiben Dachaufstockungen und Lückenschließungen massiv erschwert hat (Quelle: accentro.de). Auch in dem Rundschreiben ging es um Baumfällungen beziehungsweise -schnitte – diese wurden zur Sicherstellung des zweiten Rettungsweges untersagt. Offenbar ist die Zahl der genehmigten Nachverdichtungsmaßnahmen in der Folge eingebrochen, weshalb Lompscher nun erwägt, ihr Rundschreiben zurückzunehmen.