Wegen der hohen behördlichen Hürden im Wohnungsbau fokussieren sich Projektentwickler in Berlin zunehmend auf den Bau von Büros. Das berichten der Tagesspiegel und die Berliner Morgenpost, die sich dabei auf die Mitte Juni vorgelegte Projektentwicklerstudie von bulwiengesa beziehen. Der Bereichsleiter Wohnen Berlin des Immobilienberatungsunternehmens beobachtet demnach „ein Umschwenken auf Gewerbeimmobilien“ in der Bundeshauptstadt (Quelle: www.tagesspiegel.de).
Der Investorenfokus beginnt sich den Zahlen zufolge bereits deutlich zu verschieben. Während in den Jahren von 2016 bis 2018 der Anteil der Projektflächen für Wohngebäude noch bei um die 70 Prozent lag, ist er inzwischen auf 63 Prozent gesunken. Gemäß bulwiengesa ist die Zunahme des Neubaus im Gewerbebereich zulasten des Wohnsegments zwar einerseits auf die steigende Nachfrage nach Büros zurückzuführen. Doch andererseits trägt auch die politische Stimmung in Berlin demnach eine Verantwortung dafür, dass sich Wohnungsbauer zunehmend aus der Bundeshauptstadt zurückziehen (Quelle: www.morgenpost.de).
So spiele beispielsweise eine Rolle, dass bei Wohnungsbauprojekten 30 Prozent der Fläche mietpreisgebunden vergeben werden müssen (Berliner Modell). Damit sich Projekte dennoch lohnten, müsse die restliche Fläche so teuer vermietet werden, dass Ausfallrisiken entstehen. Im Gewerbebereich gibt es derlei Auflagen jedoch nicht, die Büromieten steigen außerdem kräftig. Der Bereichsleiter Wohnen Berlin von bulwiengesa rechnet daher damit, dass der Wohnanteil beim Neubau künftig weiter sinken wird.
Auch der am 18. Juni 2019 vom rot-rot-grünen Senat beschlossene Mietendeckel könnte dazu führen, dass sich Investoren aufgrund des politischen Risikos weiter aus dem Wohnungsbau zurückziehen. Zwar sind Neubauwohnungen vom geplanten Mietendeckel vorerst ausgenommen, und ob das geplante Gesetz überhaupt juristischen Bestand hat, ist noch völlig offen (Quelle: www.tagesspiegel.de). Doch das Klima für Investoren verschlechtert sich in der Hauptstadt dadurch weiter, und wenn bulwiengesa bereits vor dem Mietendeckel beobachtet hat, dass Wohnungsbauer vor den politischen Risiken in Berlin zurückschrecken, dürfte das nun erst recht gelten.
Selbst für die kommunalen Wohnungsunternehmen werden sich durch den Mietendeckel voraussichtlich Probleme ergeben. Ihnen entgehen dann jährliche Mieteinnahmen in Höhe von 150 Millionen Euro, die nicht für den Bau bezahlbarer Wohnungen zur Verfügung stünden – mit diesen Mitteln könnten 3.000 neue Wohnungen finanziert werden (Quelle: www.tagesspiegel.de). Dabei war es den sechs kommunalen Unternehmen schon vor dem Beschluss des Mietendeckels nicht möglich, ihre Wohnbauziele zu erreichen. Und weil der Berliner Wohnungsmarkt bereits aktuell von einem starken Angebotsmangel geprägt wird, dürfte sich mittelfristig keine Entspannung einstellen.