Am 30. Januar hat das Berliner Abgeordnetenhaus mit den Stimmen von SPD, Linkspartei und Grünen den Mietendeckel beschlossen. Wie dieses Instrument, gleich ob es einer Überprüfung des Bundesverfassungsgerichts standhalten wird oder nicht, die Stadt Berlin und ihren Wohnungsmarkt verändern wird, gibt es viele Vermutungen. Sinnvoll kann es sein, dafür auf andere Städte zu schauen, die bereits seit Längerem ähnliche Regulierungen des Mietmarkts etabliert haben, wie beispielsweise Stockholm.
Auf einer Podiumsdiskussion in Berlin hat kürzlich der schwedische Reichstagsabgeordnete Robert Hannah von den Verhältnissen auf dem dortigen Wohnungsmarkt berichtet. Bereits seit mehr als 50 Jahren gilt in Stockholm ein Mietendeckel, die zulässige Miethöhe wird jedes Jahr zwischen Mieter- und Eigentümervertretern ausgehandelt (Quelle: t-online.de). Das führt zwar zu vergleichsweise günstigen Mieten – allerdings auch zu ungeahnten Schwierigkeiten, überhaupt eine Wohnung zu bekommen. Die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage ist so groß, dass sich Interessenten für eine Mietwohnung in einer Warteliste eintragen müssen, auf der bereits mehr als 600.000 Bürger stehen (Quelle: morgenpost.de). Die Wartezeit, bis man eine Mietwohnung erhält, beträgt deshalb bis zu 20 Jahre.
Da kann es kaum verwundern, dass der Wohnungsmarkt in Stockholm zu beträchtlichen Teilen aus einem Schwarzmarkt besteht. Denn wer über genug Geld verfügt, verkürzt die jahrzehntelange Wartezeit für eine Wohnung des Öfteren durch Zahlungen unter der Hand. Der schwedische Reichstagsabgeordnete Robert Hannah berichtet von Zahlungen in Höhe von 50.000 Euro, die für einen Mietvertrag fällig werden. 2017 hat die dortige Regierung einen Bericht veröffentlicht, demzufolge 25 Prozent der Mietverträge illegal geschlossen werden.
Auch Michael Voigtländer vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln weist auf die Erfahrungen mit Mietendeckeln in anderen Ländern, unter anderem in Schweden, hin (Quelle: iwkoeln.de). Wohnungen seien in Folge eines Mietendeckels zunehmend an Selbstnutzer verkauft statt an Mieter vermietet worden, zudem sei aufgrund der niedrigen Mieten die Nachfrage nach Mietwohnungen in zentralen Lagen noch weiter gestiegen. Gewinner dieser Situation seien insbesondere „gut situierte Mieter mit guten Kontakten“ gewesen, nicht aber einkommensschwache Haushalte.
Für Voigtländer ist es zudem möglich, dass wegen des Mietendeckels viele Investoren und Unternehmen nicht mehr in den Mietendeckel investieren werden. Auch Modernisierungen dürften ihm zufolge zurückgehen, da es dafür keine ökonomischen Anreize mehr gebe. In Stockholm zumindest hat die Substanz des Wohnungsbestands nicht unter dem Mietendeckel gelitten – anders als in manch anderer Mietendeckel-Stadt wie Lissabon.