Alle zwei Jahre wird der Berliner Mietspiegel veröffentlicht. Er wird von der Arbeitsgruppe Mietspiegel unter Vorsitz der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen erstellt und gilt für insgesamt 1,4 Millionen mietspiegelrelevante Wohnungen in der Hauptstadt. Immer wieder wird er von Vermietern abgelehnt und von Eigentümern gerichtlich angefochten. Wie genau der Mietspiegel funktioniert, warum er so umstritten ist und welche Mieten zulässig sind, beschreiben wir im Detail.
Der Mietspiegel der Hauptstadt informiert über das Mietpreisniveau der verschiedenen Berliner Stadtteile und wird – im Normalfall – sowohl von der Stadt als auch von Interessenvertretern der Vermieter und Mieter anerkannt. Die grundlegenden Rahmenbedingungen setzt das bundeseinheitliche Mietrecht. Sie können also nicht vom Land Berlin, sondern ausschließlich vom Bund verändert werden.
Bei der Frage, ob eine Miete angemessen oder eine Erhöhung der Preise gerechtfertigt ist, hilft der Mietspiegel, der im Paragrafen 558 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) festgeschrieben ist. Im Klartext: Mieten dürfen nur in rechtlich festgelegten Ausnahmefällen davon abweichen.
Ursprünglich wurde der Mietspiegel in den 1970er-Jahren ins Leben gerufen, um Mieter vor überteuerten Mieten und Mieterhöhungen zu schützen, nachdem Kritik am sogenannten Wohnraumkündigungsschutzgesetz aufgekommen war. Ziel war es damals, den rechtlich relevanten Begriff der ortsüblichen Vergleichsmiete zu definieren. Mittlerweile nutzen vor allem Vermieter den Mietspiegel, um damit geplante Mieterhöhungen durchsetzen zu können, eigentlich soll er aber beiden Parteien gleichermaßen dienen. Zusätzlich enthält der Mietspiegel einen flächendeckenden Überblick über die Entwicklung der Mietpreise.
Der Mietspiegel gilt nicht für Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern sowie in Reihenhäusern. Ausgenommen sind auch Wohnungen, die erst seit 2018 bewohnbar sind, Sozialwohnungen und Unterkünfte mit Toilette außerhalb der Wohnung.
Der Mietspiegel ist eine Datensammlung, die in Tabellenform das Mietniveau der bestehenden Mietverhältnisse ausweist – auf Basis der Mietveränderungen und -vertragsabschlüsse der vergangenen vier Jahre. Mit ihm kann die ortsübliche Vergleichsmiete von frei finanzierten Wohnungen ermittelt werden. Neben dem Stadtbezirk und der Lage (öffentliche Infrastruktur, Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr, Bebauungsdichte) beinhaltet der Mietspiegel Kriterien wie die Qualität der Wohnungsausstattung (Heizungsart, Fenster, WC), das Baujahr des Hauses und den Zustand im Hinblick auf einen sparsamen Energieverbrauch (Wärmedämmung, Verglasung).
Konkret können Vermieter und Mieter im Mietspiegel nachsehen, welche Durchschnittspreise oder Preisspannen in verschiedenen Mikrolagen marktüblich und welche Nettokaltmieten (Miete pro Quadratmeter Wohnfläche und Monat ohne Betriebskosten) höchstens zulässig sind. Die Nettokaltmiete ist der Mietzins ohne Heiz- und Betriebskosten, die im Sinne von Paragraf 2 der Betriebskostenverordnung nicht im Mietzins enthalten sind.
Wird eine Wohnung neu vermietet, kann ein Vermieter die Miete grundsätzlich anheben, muss sich dabei allerdings an der Mietpreisbremse orientieren, die im Jahr 2015 in Kraft getreten ist. Gemäß dieser darf eine Miete bei einer Neuvermietung um zehn Prozent höher liegen als die ortsübliche Vergleichsmiete im Mietspiegel. Für Kapitalanleger ist der Mietspiegel also entscheidend – sowohl bei der Bestimmung der Miethöhe als auch bei der Kalkulation der Immobilienfinanzierung. Rechnet ein Kapitalanleger mit kontinuierlich steigenden Mieten und richtet seine Finanzierung danach aus, so muss er die Erhöhungen im Einklang mit dem Mietspiegel vornehmen.
Eine Mieterhöhung ist auch nach einer Modernisierung oder einer energetischen Sanierung möglich, sie ist abhängig von der durch die Maßnahmen herbeigeführten Wertsteigerung. Vermieter dürfen acht Prozent der dadurch entstandenen Kosten auf die Jahresmiete umlegen. Allerdings können Milieuschutzgebiete oder andere Regularien bestimmte Sanierungsmaßnahmen verbieten.
Vermieter können die Miete bis zur Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete anheben, wenn die Miete ihrer Immobilie darunter liegt und der geplanten Erhöhung keine Kappungsgrenze beziehungsweise eine Warte- oder Sperrfrist entgegensteht. Die Kappungsgrenze schreibt nach § 558 III BGB vor, dass sich die Miete innerhalb von drei Jahren nicht um mehr als 20 Prozent erhöhen darf. Die Wartefrist bedeutet, dass ein Vermieter nur dann eine Miete anheben darf, wenn diese in den vergangenen 15 Monaten gleichgeblieben ist. Unter der Sperrfrist ist zu verstehen, dass der Vermieter mindestens zwölf Monate warten muss, bevor er eine erneute Mieterhöhung ankündigen darf. Mieterhöhungen infolge von Modernisierungen und Anhebungen der Betriebskosten bleiben davon unberücksichtigt. Sieht ein Mietvertrag eine Staffel- oder Indexmiete vor, ist eine Mieterhöhung nach § 558 BGB ausgeschlossen. Das ist auch dann der Fall, wenn sich bei Vertragsabschluss darauf geeinigt wurde, auf eine Erhöhung der Miete grundsätzlich zu verzichten.
Bei einer geplanten Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete kommen für Vermieter mancherorts auch Alternativen zum Mietspiegel infrage. Eine Erhöhung kann auch anhand anderer Quellen begründet werden, zum Beispiel mit unabhängigen Mietdatenbanken, die Sammlungen von Mieten enthalten. Auch möglich ist sie durch das Heranziehen von drei anderen ähnlichen Immobilien mit relevanten Vergleichsdaten oder durch ein Sachverständigengutachten. Diese Alternativen bedeuten jedoch einerseits einen Mehraufwand für die Vermieter, andererseits erschweren sie den Mietern, die Richtigkeit und Zulässigkeit der Forderung zu prüfen.
Zudem gelten die Mietspiegel-Alternativen nicht, wenn ein sogenannter qualifizierter Mietspiegel gilt – wie in Berlin auch. Dieser wurde im Jahr 1987 eingeführt, seit 2003 wird er auf einem höheren Qualitätsniveau erstellt.
Doch damit verhält es sich bei dem aktuell geltenden Berliner Mietspiegel etwas komplizierter. Weil der Mietendeckel zum Zeitpunkt der Erstellung des Mietspiegels 2021 noch nicht für nichtig erklärt wurde, konnte aufgrund zu wenig vorliegender Daten kein auf einer Datenerhebung basierender Mietspiegel erstellt werden, es gab schlicht zu viele Leerfelder in der Mietspiegeltabelle. Stattdessen wurde die allgemeine statistische Teuerungsrate zugrunde gelegt. Was wiederum zur Folge hatte, dass nur der Senat und die Mieterverbände den Mietspiegel akzeptierten, nicht jedoch die Vermieter. Diesen sogenannten „Indexmietspiegel“ erstellte der Senat 2021 erstmals auf diese Weise. Das ist zwar zulässig, aber umstritten – deshalb fechten vor allem Eigentümer den Mietspiegel immer wieder gerichtlich an.
Gemäß dem aktuell geltenden Berliner Mietspiegel, der im Mai des vergangenen Jahres veröffentlicht wurde, sind die Mieten im Vergleich zu 2019 nur geringfügig gestiegen – um 1,1 Prozent. Die durchschnittliche Nettokaltmiete stieg damit von 6,72 Euro auf 6,79 Euro pro Quadratmeter. Die Spanne der ortsüblichen Vergleichsmiete im aktuellen Mietspiegel reicht je nach Lage, Größe und Ausstattung von 5,51 Euro pro Quadratmeter für einfache, mittelgroße Wohnungen in Nachkriegsbauten bis hin zu 13,03 Euro in neueren Häusern.
Weitere Zahlen: Wohnungen für weniger als 5,00 Euro je Quadratmeter gibt es in Berlin durchaus noch, sogar in verschiedenen Altersklassen und mittleren Lagen. So gibt es für 4,65 Euro pro Quadratmeter im Ostteil der Stadt Wohnungen, die zwischen 1973 und 1990 errichtet wurden, mit einer Größe zwischen 60 und 90 Quadratmetern. Auch bis 1918 errichtete Altbauten in einfachen und mittleren Lagen gibt es schon für 4,84 Euro pro Quadratmeter, allerdings mit schlechter Ausstattung.
Die teuersten Wohnungen befinden sich in sanierten, bis 1918 errichteten Altbauten in Toplagen und in Neubauten. Altbauten mit weniger als 40 Quadratmetern Wohnfläche (bis Baujahr 1918) werden dem Berliner Mietspiegel zufolge in guten Lagen für 14,39 Euro pro Quadratmeter vermietet, die Durchschnittsmiete dieser Baualtersklasse liegt bei 11,57 Euro.
Mit sehr großer Wahrscheinlichkeit ist davon auszugehen, dass die Mieten im nächsten Berliner Mietspiegel wieder deutlich ansteigen werden.
Das ist einer der vielen Gründe, auf Eigentum zu setzen, statt auf den meist deutlich teureren Miet- beziehungsweise Mietkaufmarkt bei Wohnungen. Eine Eigentumswohnung ist nicht nur langfristig deutlich günstiger, sie schützt einen auch vor der potentiellen Eigenbedarfsanmeldung eines Vermieters. In solch einem Fall wäre man als Mieter der Kündigungssituation mehr oder weniger ausgeliefert. Bei einer Mietzahlung handelt es sich immer um eine Einmalzahlung, die quasi verpufft, während eine Wohnungsfinanzierung eine Kapitalanlage mit enormer Wertsteigerung bildet. Das unterstreichen die Ergebnisse des ACCENTRO Wohnkostenreports 2021, der einen Vergleich zwischen Wohnkosten von Wohneigentümern und Mietkosten zieht.
Wohneigentum gilt nach wie vor als die wohl empfehlenswerteste Altersvorsorge, insbesondere in Berlin mit seiner steigenden Nachfrage – und somit auch mit deutlich steigenden Preisen – auf dem Wohnungsmarkt. Im Vergleich Eigentum versus Miete beträgt der Wohnkostenvorteil auf lange Sicht bis zu 56 Prozent, wie die Ergebnisse des Wohnkostenreports von ACCENTRO belegen.