Nach wie vor ist Berlin einer der attraktivsten Immobilienstandorte in Europa. Der stetige Zuzug und die damit einhergehenden steigenden Mieten treffen jedoch nicht überall auf Begeisterung. Neben der Mietpreisbremse und dem vom Bundesverfassungsgericht gekippten Mietendeckel ist vor allem der sogenannte Milieuschutz umstritten. Bereits seit den 1990er-Jahren werden in der Bundeshauptstadt „soziale Erhaltungsgebiete“ ausgewiesen – im Volksmund als Milieuschutzgebiete bezeichnet. Für Investoren und Immobilienbesitzer kann die Ausweisung eines Milieuschutzgebiets weitreichende Folgen haben. Hier im Blog erklären wir Ihnen die wichtigsten Punkte und zeigen Ihnen auf unserer Karte, welche Gebiete in Berlin derzeit geschützt sind.
Erklärtes Ziel der sogenannten „sozialen Erhaltungsverordnung“ ist die Bewahrung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung sowie der städtebaulichen und architektonischen Charakteristika in den ausgewiesenen Gebieten. Modernisierungsmaßnahmen, die Umnutzung von Wohnungen zu Gewerbeflächen, die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen – all diese Maßnahmen sind in Milieuschutzgebieten nicht einfach so möglich. Der Eigentümer benötigt dafür eine ausdrückliche Genehmigung des zuständigen Bezirksamts. Dadurch soll eine Verdrängung der ansässigen Bevölkerung verhindert werden. Genaueres zu den Milieuschutzgebieten können Sie auch hier beim Berliner Bezirksamt Mitte nachlesen.
Von den Einschränkungen sind nicht nur Mietwohnungen, sondern auch selbst genutzte Eigentumswohnungen, leerstehende Wohnungen und sogar Nichtwohngebäude betroffen. Mit Ausnahme reiner Instandsetzungsmaßnahmen wie Reparaturen sind so gut wie alle baulichen Maßnahmen antragspflichtig. Darüber hinaus besteht ein gesetzliches Vorkaufsrecht für den jeweiligen Bezirk. Zu den antragspflichtigen Maßnahmen zählen insbesondere:
Änderung baulicher Anlagen (z. B. Modernisierungen aller Art)
Rückbau baulicher Anlagen (z. B. der Abriss von Gebäuden)
Nutzungsänderung baulicher Anlagen (z. B. Umnutzung von Wohnungen zu Büros)
Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen
Verkauf von Grundstücken
Plant der Eigentümer einer Wohnung eine der Maßnahmen, muss er zunächst ein Genehmigungsverfahren beim Bezirksamt durchlaufen, welches planmäßig einen Monat in Anspruch nimmt, sich jedoch aufgrund von Modifizierungen und zusätzlichen Anforderungen durch das Bezirksamt verzögern kann.
Im Genehmigungsverfahren prüft das Bezirksamt, ob Modernisierungsmaßnahmen zu einer Verdrängungsgefahr infolge steigender Mieten führen. Insbesondere sogenannte Luxussanierungen sollen verhindert werden. Dazu zählen unter anderem der Anbau von Balkonen und der Einbau zusätzlicher Toiletten, Doppelhandwaschbecken oder Einbauküchen. Auch Grundrissänderungen sowie das Teilen oder Zusammenlegen von Wohnungen müssen genehmigt werden. Im Verfahren vergleicht das Bezirksamt die nach einer Modernisierung veranschlagte Miete inklusive der Modernisierungsumlage mit den sogenannten Verordnungsmieten, die auf den Mieten im gesamten Milieuschutzgebiet beruhen. Bei Mieten unterhalb dieser Vergleichsmarke oder gar eines gänzlichen Verzichts auf eine Umlegung der Modernisierungskosten steigen die Chancen für einen positiven Bescheid.
Die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen wird ebenfalls nur in Ausnahmefällen bewilligt. In der Regel müssen Eigentümer sich dazu verpflichten, ihre Wohnung innerhalb von sieben Jahren nur an die Mieterinnen und Mieter zu veräußern. Die gesetzlichen Regelungen, inklusive der Ausnahmen, finden sich in § 172 Baugesetzbuch (BauGB).
Insgesamt gibt es in Berlin mehr als 70 ausgewiesene Milieuschutzgebiete. Diese liegen vor allem in den Bezirken Mitte, Friedrichshain-Kreuzberg, Tempelhof-Schöneberg, Neukölln und Pankow. Die Zahl der Milieuschutzgebiete wächst jedoch stetig an – unter anderem in Charlottenburg-Wilmersdorf ist die Ausweisung von weiteren Gebieten geplant. Die Gebiete umfassen dabei einzelne Quartiere und Straßenzüge. Auf dieser Karte sehen Sie deren Verteilung im Berliner Stadtgebiet.
Ob der Milieuschutz allerdings tatsächlich dazu beiträgt, dass der Wohnungsmarkt in Berlin gerechter wird, ist äußerst umstritten. Unter anderem das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) kritisiert in einem Gutachten, dass Haushalte, die eine Wohnung in Berlin suchen, benachteiligt werden und dringend notwendige Investitionen in die Wohnungsbestände durch die zusätzlichen bürokratischen Hürden gehemmt werden. Die Autoren des Gutachtens sehen im Modernisierungsverbot einerseits die Gefahr, dass weniger Wohnraum geschaffen wird, da es beispielsweise eine Hürde für den Dachgeschossausbau darstellt. Aufgrund des Mangels an Bauland ist insbesondere Berlin auf Nachverdichtungsmaßnahmen und Dachausbauten angewiesen, um den dringend benötigten Wohnraum für die wachsende Stadt zu schaffen. Andererseits sieht das IW-Gutachten ein Konterkarieren der deutschen Klimaschutzziele. Da der Gebäudesektor eine zentrale Rolle beim Erreichen der Ziele spielt, müsste gemäß dem Gutachten eigentlich eine Förderung der energetischen Sanierung betrieben werden und nicht eine Erschwerung, wie dies in Milieuschutzgebieten der Fall ist.
Wenn Sie am Erwerb einer Wohnung in Berlin interessiert sind, sollten Sie im Auswahlprozess darauf achten, ob sich diese in einem Milieuschutzgebiet befindet oder ob es bereits Diskussionen über eine mögliche Ausweisung des Quartiers als ein solches gibt. Die Lage einer Wohnung in einem derartigen Gebiet muss nicht immer schlecht sein – bedenken Sie jedoch, dass Sie weitreichende Modernisierungen nur mit Genehmigung des zuständigen Bezirksamts vornehmen dürfen. Kommen Sie bei Interesse gern auf uns zu – als zuverlässiger und erfahrener Partner stehen wir bei ACCENTRO Ihnen im gesamten Kaufprozess zur Seite und finden die Immobilie in Berlin, die am besten zu Ihren Bedürfnissen passt.